Der Kampf an der Halbstundenbrücke

Am 09.April 1809 erklärte Kaiser Franz I. Napoleon Bonaparte und damit ebenso dem Königreich Bayern den Krieg. Neben dem Tiroler Aufstand unter Andreas Hofer erhoben sich zu dieser Zeit auch in Salzburg die Schützen der Gebirgsgaue gegen die Franzosen und Bayern. Als diese immer weiter vorrückten, erkannte Anton Wallner, dass sich die sogenannte Halbstunden-Brücke (nur mehr eine halbe Stunde Gehzeit bis Taxenbach) dank ihrer geografischen Lage strategisch sehr gut eigne, dem Feind Widerstand zu leisten.

Am 26. Juli erfuhr Wallner über die Ereignisse am Pass Lueg. Er forderte darauf hin den Pinzgauer Landsturm, die Unterinntaler und Pustertaler Schützen auf, ihm zur Hilfe zu eilen. Und übergab das Kommando am Pass Luftenstein. Begleitet von den Saalfeldner und den Mittersiller Schützenkompanien (Stärke 300 Mann) brach er über Zell am See nach Taxenbach auf, um sich dort Generalleutnant Graf Bernhard Erasmus von Deroy und dessen Division (5.964 Mann und 24 Kanonen) im Kampf entgegenzustellen.

In Taxenbach angekommen, forderte Wallner vom dortigen Pfleger (Richter) die Aufbietung des Landsturms - ohne Erfolg (die Pfleggerichte waren eine bayrische Verwaltungseinrichtung und den Bayern damals gut gesinnt). Nur wenige Schützen aus der nähren Umgebung von Taxenbach und Embach schlossen sich ihnen an. Es kamen noch der Landsturm Bruck und eine kleine Zahl von Schützen aus Zell am See hinzu. Alles in allem nicht mehr als 400 Mann.

Halbstundenbrücke

Die Verteidigung Wallners am linken Salzachufer bei der Halbstunden-Brücke wies mehrere Vorteile auf: Obgleich eine Vorderhangstellung, konnten sich Wallners Schützen gut im steilen, teilweise felsigem und mit Bäumen und Sträuchern dicht bewachsenen Hang decken. Wie für die Vorderhangstellung typisch, konnten sie für sich ein gutes Schussfeld und gute Beobachtungsmöglichkeiten als weiteres Plus gegenüber dem Gegner verbuchen. Dies deshalb, weil auf der Feindseite wegen eines Erdfalls das Gebiet der Embacher Blaike nur teilweise und nicht sonderlich hoch bewachsen war. Außerdem ermöglichte es die schmale, sich in vielen Windungen über die Blaike heraufziehende Straße dem Gegner nicht, sich wirkungsvoll zu entwickeln. Sehr wohl aber musste Wallner mit einer Umgehung des Gegners in seinen Rücken über den Eschenauerberg und den Trattenbachgraben herunter rechnen. Daher ließ er einige Schützen im Graben einen Vorposten beziehen, um zeitgerecht alarmiert zu werden.

Bei der Brücke selbst ließ Wallner in den verbleibenden Stunden das Geländer und das Tragwerk bis auf die Enzbäume abtragen. Am linken Ufer wurden eine Brustwehr und mehrere Verhaue errichtet und, gegen den Brückenausgang gerichtet, zwei hölzerne, mit gehacktem Eisen geladene Geschütze aufgestellt. Panzl befahl er, mit seiner Saalfelder Kompanie das Bauernhaus Mutzgrub und dessen nähere Umgebung zu besetzen. Den übrigen Schützen wies Wallner Stellungen hinter Heustadeln, Bäumen und der Brustwehr sowie im gegen Mutzgrub hinaufziehenden Graben zu. Die Mittersiller Schützen unter dem Kommando von Adjutant Rottmayer behielt sich Wallner als Reserve.

Am 27. Juli um 9.30 Uhr näherte sich die Spitzentruppe der Division Deroy (das Königlich-Bairische 5. Leichte Nürnbergische Infanterie - Bataillon Graf Buttler) der Halbstunden-Brücke. Als sich die Soldaten fast bis auf Schussweite angenähert hatten, rief Wallner seine Schützen zu:

"Auf Kameraden, jetzt wird es Zeit! Spart weder Pulver noch Blei, nur zielt gut, dass jeder Schuss seinen Mann treffe! Gott wird mit uns sein, dessen Segen wir nochmals anrufen möchten. Es lebe Kaiser Franz!"

Nachdem weitere Kompanien des Spitzenbataillons anrückten entwickelte sich ein heftiges Gefecht. Zwecks Feuerunterstützung ließen bayrische Offiziere zwei Kanonen auf einer ostwärts der Brücke gelegenen kleinen Felsplatte in Stellung bringen. Eine ihrer Granaten traf das Bauernhaus Mutzgrub und setzte es in Brand. Hauptmann Panzl und dessen Schützen mussten sich rund um den brennenden Hof neue Stellungen suchen. Mittels Feuerunterstützung der beiden Kanonen versuchten bayrische Soldaten, mit provisorischen Flößen die Salzach zu überqueren. Gleichzeitig begannen andere Teile der Bayern, die abgetragene Brücke wieder notdürftig instandzusetzen. Wallners Schützen konnten diese Aktionen durch gezieltes Feuer vereiteln. Drei Kernschützen Wallners gelang es, nachdem sie unter feindlichem Feuer den Trattenbach überquerten, die Bedienungsmannschaften der beiden Geschütze auszuschalten.

Verbissen traten Deroys Truppen immer wieder zum Sturm an: Insgesamt versuchten sie fünfmal, die Brücke im Sturm zu nehmen. Zu Mittag versuchte Adjutant Rottmayr mit seinen Mittersiller Schützen über Embach - mit Unterstützung der Embacher Schützen unter dem Kommando des Mayrlehenbauers Michl Schernthaner - den bayrischen Truppen in die linke Flanke zu kommen. Die Bayern erkannten aber den Ansatz Rottmayrs und besetzten das Dorf und dessen Umgebung. Bayrische Truppen gingen zwischen den Gehöften Oberlehen und Entfelden in Stellung, errichteten dort ein Munitionslager und feuerten mit ihren Kanonen auf die Schützen Rottmayrs, welche sich infolge dessen zurückziehen mussten.

Ungefähr um 14.00 Uhr ließ Deroy, nachdem er an der Brücke keinen Erfolg hatte feststellen können, das 2. Bataillon des. 5. Linien-Infanterie-Regiments Preysing nach Eschenau bzw. durch den Trattenbachgraben vorrücken. Er wollte damit Wallners Stellung umgehen und ihm somit in den Rücken fallen. Dabei wurden Einheimische von den Bayern gezwungen, ihnen den Weg über die Hubwiese hinauf zu zeigen. Als sich an der Halbstundenbrücke die bayrischen Soldaten etwas zurückzogen und ruhig verhielten, erkannte Wallner sehr schnell die Absicht Deroys. Die kleine Zahl seiner Schützen und der sich bereits zeigende Munitionsmangel hinderten ihn daran, dem bataillonsstarken Gegner entsprechen starke Abriegelungskräfte entgegenstellen zu können. Er veranlasste seinen Adjutant Rottmayer, dass dieser vom Pfleggericht Mittersill wiederholt verlangte Verstärkungskräfte herrufen sollte und weiters einige Tiroler Schützenkompanien nach Taxenbach geschickt werden sollten. Wallner hoffte immer noch, dass die Schützenkompanien aus Jochberg und aus Kirchdorf zeitgerecht kämen. Verstärkt mit diesen zwei Kompanien wollte er seine Stellung bis in die Nacht hinein so lange halten, bis die aus dem Oberpinzgau und angrenzenden Tälern schon am 26. Juli verlangten Verstärkungen bei ihm eingetroffen wären. Die zwei Tiroler Kompanien waren jedoch zu spät unterwegs und kamen nicht.

Um 18.00 Uhr erhielt Wallner von seinem Vorposten im Trattenbachgraben die Meldung, dass der Feind heranziehe. Wallner befahl daher seinen Schützen, sich allmählich abzusetzen. Er selbst deckte zusammen mit Hauptmann Panzl und einigen von dessen Schützen den Rückzug. Das natürlich immer schwächer werdende Feuer der Schützen Wallners ließ Deroy glauben, dass die von ihm befohlene Umfassung endlich gelungen sei und ordnete daher einen weiteren Sturmangriff über die Brücke an. Heftiges Abwehrfeuer schlug den Bayern entgegen, wobei der bayrische Hauptmann Beck tödlich verwundet wurde. So geriet der Angriff für einen Moment ins Stocken. Diesen Moment nützte Wallner, sich mit seinen restlichen Schützen über den Gschwandtnerberg hinauf zurückzuziehen und sich über den Hundstein (2117m) weiter zur Schwalbenwand (2011m) Richtung Zell am See bzw. Saalfelden abzusetzen.

Mit Feuerunterstützung ihrer Kanonen nahmen die Truppenteile des 5. leichten Linien-Infanterie-Bataillons Buttler und Freiwillige des 9. Linien-Infanterie-Regiments Ysenburg dann sehr rasch die Halbstunden-Brücke. Nach Erreichen der Brustwehr und der Verhaue musste sie jedoch feststellen, dass Wallner mit all seinen Schützen verschwunden war. Durch den etwa 9 Stunden dauernden Kampf um die Brücke waren die vorderen bayrischen Truppenteile zu erschöpft um weiterzuziehen. Dies war entscheidend für die sich zurückziehenden Tiroler, weil sowohl das allzu schnelle Vorrücken Marschalls Lefébvres insgesamt als auch seine Umgehungsmöglichkeit über das Zillertal (zu ungunsten der Tiroler) verhindert worden war.

Die Verlustzahlen der Division Deroy sind unvollständig, ungenau und widersprüchlich. Laut Vöderndorffs Kriegsbericht verzeichneten die Schützen des 5. leichten Linien-Infanterie-Bataillons Buttler bzw. die Schützen des 9. Linien-Infanterie-Regiments Ysenburg einen Verlust von 4 Toten und 28 Verwundeten. Der Kommandant der Schützen des 5. leichten Bataillons Buttler, Oberstleutnant Gerhardt, sowie Hauptmann Beck sind gefallen. Artillerie-Major Tausch wurde leicht verwundet. Bei Wallners Schützen schwankt die Verwundetenzahl zwischen ein paar und zwanzig. Einige Schwerverwundete gerieten in bayrische Gefangenschaft und wurden später Marschall Lefébvre in Innsbruck übergeben.

Maréchal d’Empire

Die Division Deroy rückte gegen 19.00 Uhr in Taxenbach ein. Deroy bewahrte Taxenbach vor dem Abbrennen und der Zerstörung, weil Dechant Mayregg ihm mit der Monstranz entgegenging und ihm um Schonung des Ortes bat. Einige Taxenbacher ereilte ein schlimmeres Schicksal. So sollen sechs Menschen von bayrischen Truppen verwundet worden und später an diesen Verwundungen gestorben sein. Der Taxenbacher Totenmatrikel von 1809 zufolge, welche im Erzbischöflichen Konsistorialarchiv in Salzburg verwahrt wird, sind dies nachweislich vier Personen gewesen.

Am 27. Juli, also noch am selben Tag, wurde der Pass Luftenstein an Lefébvre übergeben, ebenso der Pass Hirschbühel. Am 28. Juli erfolgte die kampflose Übergabe des Passes Strub. Als Wallner von der Übergabe des Luftensteinpasses erfahren hatte und somit alle Eingänge in den Pinzgau vom Gegner geöffnet waren, sah er die Sinnlosigkeit eines weiteren Widerstandes im breiten Salzachtal ein und floh nach Windischmatrei. Deroy erklärte Wallner für vogelfrei und richtete eine Proklamation an die Pinzgauer, worin er ihnen mit der Einäscherung ihrer Dörfer drohte, sollten sie die Verteidigung fortsetzen. Am 1. August langte die Division Deroy in Innsbruck ein. Nur etwa zwei Wochen später, am 13. August, wurde Tirol zum dritten Mal befreit und Marschall Lefébvre in Innsbruck am Berg Isel von Andreas Hofers Truppen geschlagen. Am 14. August hatte Lefébvre mit seinem Rückzug begonnen, am 18. August war Tirol geräumt. Salzburg dagegen wurde an das Königreich Bayern angegliedert und fiel erst 1816 wieder zum größten Teil an das Kaisertum Österreich zurück.

Entnommen aus:

Jubiläumsfestschrift Wallnerschützen Taxenbach und TMK Taxenbach von 2001, Felix Redolf "Das Gefecht an der Halbstunden - Brücke bei Taxenbach 1809" veröffntlicht auf der Homepage des Salzburger Wehrgeschichtlichen Museums sowie SalzburgWiki und Wikipedia.org


Gedenkstätte

Die Anton Wallnerschützen Taxenbach errichteten 2009 gemeinsam mit der Marktgemeinde und Erdbau Stöckl hierfür diese Gedenkstätte.